Kappeln an der Schlei
In diesem Sommer, nach einer fünfjährigen Pause, verbrachten wir erneut drei Wochen in Kappeln an der Schlei. Als Kind sah ich immer gerne die Serie “Der Landarzt” im Fernsehen. Die Kulisse der Serie hatte für mich etwas Magisches.
Vor 17 Jahren, auf der Suche nach einem neuen Urlaubsort, stieß ich zufällig auf Kappeln. Bei meiner Recherche entdeckte ich, dass der fiktive Drehort Deekelsen aus meiner Lieblingsserie tatsächlich an realen Orten entlang der Schlei, insbesondere in Kappeln, gedreht wurde. Viele der Drehorte, wie die Landarztkneipe des „Stammtisches von Deekelsen“ und die St. Nikolaikirche, befinden sich tatsächlich in Kappeln.
So fand ich eine passende Unterkunft auf einem Bauernhof, ohne zu wissen, dass dies der Ort sein würde, an dem wir jeden Sommer verbringen würden, bis unsere ältesten Kinder erwachsen sind. In diesem Jahr waren wir nach fünf Jahren das erste Mal wieder dort, um Abschied zu nehmen.
Jugendherberge Müden / Örtze
Bevor wir jedoch in Kappeln ankamen, übernachteten wir in der Jugendherberge in Müden/Örtze. Aufgrund meiner Erkrankung kann ich nicht mehr so lange im Auto aufrecht sitzen. Daher suchte ich im Vorfeld nach einem geeigneten Zwischenstopp. Die Jugendherberge in Müden/Örtze erfüllte alle Voraussetzungen, die mir wichtig sind, und bot eine naturnahe Umgebung.
Hofeinfahrt zur Jugendherberge.
Verwunschen in einem Waldgebiet, umgeben von hohen Kiefern, findet ihr am Ufer der Örtze diese gemütliche Jugendherberge. Sie ist wegen diverser Spielecken, Spielzimmer, Tischtennis, Billard sowie einigen Kickern besonders für Familien geeignet. Zudem besteht die Möglichkeit, eine wirklich große Auswahl an Brettspielen auszuleihen. Im Erdgeschoss befindet sich zudem eine Kamin-Ecke, in der WLAN-Suchende gemütlich beieinander sitzen können. Ein heller und freundlicher Fernsehraum inklusive Bücherecke lädt zur Auszeit von der Freizeit ein .
Rollstuhlfahrer sind hier ebenfalls sehr gut aufgehoben. Barrierefreie Zimmer sind auf Anfrage im Erdgeschoss vorhanden. Der Eingang zur Herberge ist ebenfalls barrierefrei. Was mir besonders gefiel, waren die Tapeten in warmen Tönen an den Wänden in unserem Zimmer.
Bei diesem Zimmer handelt es sich um KEIN barrierefreies Zimmer.
Die Farben passten zu den Gardinen und dem Wandbild, wirklich schön gestaltet. Das Essen war zudem reichlich und lecker.
Im Hof befindet sich ein Backhaus, welches nach originalen alten Bauplänen errichtet wurde .
Die Lage ist perfekt für Naturliebhaber, mit direktem Zugang zur Örtze.
Der Heidesee
Ein Stück des Fluss-Wald-Erlebnispfads im Naturpark Südheide, Niedersachsen, führt auf einer Länge von 3,0 km als Rundweg um den Heidesee in Müden (Örtze) und ist sowohl für Rollstühle als auch Kinderwagen gut geeignet.
Infotafeln säumen den Weg.
Bänke laden zum verweilen ein.
Ich habe die Runde sehr genossen, da der Ausblick und die Wegbeschaffenheit wirklich zur Entspannung einladen. Als Highlight empfand ich die alte historische Wassermühle.
Mit meinem Elektromobil konnte ich sogar über deren Steg fahren, mit Rollstuhl daher kein Problem.
Startpunkt ist die Tourist Information in der alten Mühle in Müden. Unterwegs begleiten einen immer wieder Informationstafeln, die einen Einblick in die Natur und Pflanzenwelt gewähren.
Der Norden hat uns wieder
Am nächsten Morgen ging unsere Reise weiter in Richtung Norden. Die Autobahnen waren frei und gegen Mittag kamen wir bereits in Kappeln an. Es war ein schönes Gefühl, einige bekannte Gesichter nach langen Jahren dort wieder anzutreffen.
Als Hilfsmittel nahm ich in diesem Urlaub nicht wie gewohnt meinen roten Balance-Rollstuhl mit.Wegen immer weiter voranschreitenden Muskelschwund kann ich nicht mehr mit dieser Art von Rollstuhl fahren. Daher haben wir für diesen Urlaub „Dude“, mein altes Elektromobil eingeladen.
Kappeln an der Schlei ist eine malerische nordische Kleinstadt in Schleswig-Holstein, direkt am Ostseefjord Schlei gelegen. Bis zur Ostsee sind es nur sechs Kilometer. Von unserem Urlaubsquartier welches sich in Weidefeld befindet sind es allerdings nur 800m. Der Übergang zum Strand wurde zu meiner Freude in Weidefeld neu barrierefrei umgestaltet. Vielleicht lag der Umbau daran, das in den letzten Jahren die Anzahl der Ferienhäuser im Ostsee Resort Olpenitz aus dem Boden gewachsen sind. Mehr Strandbesucher = mehr Anforderungen.
Wir planten für diesen Urlaub nicht viel, nur einige bestimmte Punkte wollten wir zum Abschied nochmals besuchen.
Arnis. die kleinste Stadt Deutschlands
Darunter war der kleine Ort Arnis, die kleinste Stadt Deutschlands. Ganz idyllisch liegt sie direkt an der Schlei. Ich konnte mit “Dude” wunderbar von Kappeln bis nach Arnis teilweise am Ufer der Schlei entlangfahren. Wir wurden von dunklen Wolken, etwas Regen und einem Grollen in den Wolken begleitet.
Dennoch war es eine rundum schöne Erkundungstour.
Schleswig
Ein Besuch in Schleswig gehörte für uns immer dazu. Unser Highlight war jedes Mal das Teddybär-Museum. Hier findet ihr die unterschiedlichsten Teddybären aus verschiedenen Zeitepochen, und fast jeder Bär bringt seine eigene Geschichte mit. Kennt ihr zum Beispiel Polar, die wahre Geschichte des Titanic-Bären? Im nächsten Abschnitt werde ich über ihn erzählen.
Polar ,der kleine Titanic Bär
Nach dem tragischen Untergang der Titanic im April 1912 stellte die deutsche Firma Steiff erstmals über 50 Duzend schwarze Teddybären aus Mohair her. 1503 Personen ertranken bei dem Schiffsunglück unter Ihnen viele Kinder. Diese schwarzen Bären sollten Trost spenden.
“ Justus von Hennings“.
Die kleine Bärin “ Anna“.
Das Teddybär-Museum ist leider nicht barrierefrei, da Treppen zu den Schaukästen führen.
Der Holm in Schleswig war für uns ebenfalls ein Muss, genauso wie Haithabu.
Der Holm
Schleswig mit seinem Holm könnt ihr jedoch mit dem Rollstuhl erkunden (Achtung: teilweise Kopfsteinpflaster).
Haithabu ist ebenfalls mit Hilfsmitteln zugänglich. Der Weg vom Parkplatz zu den Wikingerbauten ist jedoch stellenweise durch Unebenheiten im Boden (Steine) holprig.
Polar, der Titanic Bär
Die Geschichte von Polar, dem Titanic-Bären, basiert auf realen Ereignissen und Personen. Daisy Corning Stone Spedden schrieb das Buch 1913 für ihren Sohn Douglas, der tatsächlich ein Passagier auf der Titanic war. Ein interessanter Aspekt der Geschichte ist, dass Polar, der Eisbär, ein Stofftier war, das Douglas sehr liebte. Der kleine Polar erzählt diese Geschichte aus seiner Sicht. Das Buch enthält viele Details über die Reisen der Familie und die Abenteuer, die Douglas mit Polar erlebte. Es ist ein faszinierendes Zeitdokument, das Einblicke in das Leben einer wohlhabenden amerikanischen Familie aus Tuxedo Park, New York zu Beginn des 20. Jahrhunderts bietet.
Douglas Spedden war das einzige Kind der Familie und wurde 1905 geboren. Er war ein abenteuerlustiger Junge, der seine Reisen mit seinen Eltern sehr genoss. Die Familie war auf einer Europareise, als sie beschlossen, mit der Titanic nach Hause zu fahren. Sie reisten in der Ersten Klasse und waren an Bord, als das Schiff am 14. April 1912 auf einen Eisberg traf und sank.
Die Speddens hatten das Glück, einen Platz in einem der Rettungsboote zu finden und wurden schließlich von der Carpathia gerettet. Nach ihrer Rückkehr in die USA setzte die Familie ihr Leben fort, aber das Erlebnis auf der Titanic hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Tragischerweise starb Douglas nur drei Jahre nach dem Titanic-Unglück bei einem Autounfall.
Geltinger Birk
Mit auf unserer Liste stand das Naturschutzgebiet “Geltinger Birk”. Dort sind viele Tiere zuhause, wie z.B. Koniks, das sind Wildpferde, die frei auf der 500 ha großen Weide leben.
Koniks
Dazu Rinder, Schafe und unendlich viele Vögel.
Die große Versammlung von Kormurane.
Und es werden immer mehr.
Ich konnte die Birk mit meinem Elektromobil wunderbar umrunden.
Aufgrund von Flutschäden ist es derzeit wegen des weichen Sandes auf einigen Wegstücken mit einem Rollstuhl schwer möglich, durchzukommen.
Für Wanderer und Radfahrer stellt dies jedoch kein Problem dar.
Naturerlebniszentrum Maasholm
Das Naturerlebniszentrum Maasholm durfte ebenfalls nicht fehlen. Startpunkt ist der Wanderparkplatz zum Naturerlebniszentrum (NEZ) Maasholm und befindet sich in Exhöft, einem kleinen Ortsteil von Maasholm. Von dort führt ein 2 km langer Naturlehrpfad direkt ins NEZ.
Hier lässt es sich wunderbar fahren.
Unterwegs findet ihr immer wieder wissenswerte Infotafeln am Rande des Weges.
Gut zu erkennen, wie hoch das Wasser einst dort stand.
Die Straße zum NEZ lässt sich mit Rollstuhl wegen des Asphalts sehr gut befahren.
Ebenso könnt ihr Pferde und verschiedene Wasservögel auf eurer Wanderung entdecken. Im NEZ angekommen, könnt ihr Ausstellungsräume zu den unterschiedlichsten Themen besuchen, z. B. von der Ostsee/Schlei bis hin zu Fledermäusen.
Ausstellungsgebäude
Sehr interessant und zudem kindgerecht angelegt.
Mit einem Rollstuhl kann man auch in die Räume hineinfahren. Im Außengelände gibt es ebenfalls sehr viel zu entdecken. Mein Favorit ist immer das Baumhoroskop 🌳.
Auf dem Freigelände befindet sich zudem ein Wind-Wasser-Küsten-Spielplatz. Ein Highlight für Kinder und sehr schön angelegt. Nehmt euch Zeit mit, es lohnt sich. Für Rollstuhlfahrer nur bedingt geeignet. Zu den Ausstellungsgebäuden würde ich ja sagen sowie die im Außengelände angebrachten Betonbuchten mit Zeichnungen.
Entdecker-Buchten
Alles, was im Grünen (Wiese) liegt, ist nicht zum Rollstuhlfahren geeignet. Ein extra WC für Rollstuhlfahrer ist nicht vorhanden. Der Eintritt ist kostenlos, Spenden sind dennoch sehr willkommen. Ein großes Lob an den Förderverein ☺️.
Rückfahrt ins Miniatur Wunderland
Damit wir nicht die ganze Strecke aus dem Norden in einem Rutsch nach Hause durchfahren mussten, haben wir spontan eine Übernachtung in der Jugendherberge Geesthacht eingelegt. Unser Ausflugsziel war Hamburg mit seinem Miniatur Wunderland, für das wir noch Tickets zum “Große Pötte, kleine Züge”-Event vom Vorjahr übrig hatten.
Glücklicherweise waren einen Tag vorher noch Restplätze für diese Veranstaltung im MiWu zu haben, so das ich unsere alten Tickets auf das neue Datum umbuchen konnte. In den Jugendherbergen direkt in Hamburg sah es mit freien Kapazitäten an Zimmern dagegen um einiges schlechter aus.
In der DJH Geesthacht hatten wir Glück und fanden ein freies Zimmer.
Es war allerdings kein barrierefreies Zimmer und befand sich auf der ersten Etage mit Gemeinschafts-WCs und -Bad. Für eine Nacht ging es mit den Stufen noch so gerade. Meine Hilfsmittel mussten im Auto auf mich warten, und ich bin im Schildkrötenmodus die Treppe hinauf. Mit dem Gemeinschaftsbad war ich nicht sehr erfreut. Doch die sehr gute Sauberkeit sowie die urige Gemütlichkeit im Haus trugen zum Wohlfühleffekt bei. Das Team der Jugendherberge war ebenfalls sehr freundlich und hilfsbereit. Besonders die harmonischen Farben an den Wänden und die knarrenden Dielen spiegelten einen besonderen Charme aus alter Zeit wider. Unsere Herbergsleitung gab uns einen sehr guten Ratschlag, welchen Park-&-Ride-Parkplatz wir nehmen sollten, um ganz entspannt in das Gewusel nach Hamburg mit der S-Bahn hineinzufahren. Geesthacht liegt verkehrsgünstig, um mit dem ÖPNV nach Hamburg zu fahren.
Hamburg war mir an diesem Tag mit seinen 30 Grad einfach zu heiß. Dazu viel Trubel und für ein Dorfkind zu viel Lärm und Menschen in der Stadt 🙉. Die Schiffchenfahrt machte sehr viel Spaß
Im Miniatur Wunderland war ich überwältigt von lauter Kunstwerken, die bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet waren. Doch genießen konnte ich es nicht und war nach wenigen Minuten körperlich fertig. Ich verkroch mich von Sitz zu Sitz in Form von Bahnsitzen, die umherstanden, oder setzte mich auf meinen Klapphocker, den ich mithatte. Ehrlich gesagt, war es wegen der höheren Bauten und Breite nicht möglich, aus der Sitzposition die Kunstwerke zu bestaunen. Den Leuten war es zudem egal, wo ich saß, und sie griffen mit ihren Armen über mich an das Geländer, das sich vor den Miniaturen überall befand. Am Rande bemerkt: Ich bin fast 1,90 m und selbst im Sitzen groß.
Ich beschloss also, nichts mehr zu gucken. Wir brachen unseren Besuch irgendwann ab, ich konnte mich einfach nicht mehr halten. Dazu kam noch die fast einstündige Rückreise mit Bus, Bahn und Auto. Es war wirklich schön, es einmal gesehen zu haben, aber nochmal werde ich nicht mehr ins MiWu fahren. Nicht weil es nicht schön ist, nein, nur für mich ist es nicht mehr geeignet. Ein großes Lob an die Künstler des Museums 😃👏🏻👍🏻
Es waren drei schöne Wochen, die wir an der Ostsee verbrachten. Zeitgleich zeigten mir diese Wochen auch, was mein Körper nicht mehr leisten konnte. Welche körperlichen Verluste doch innerhalb dieses Jahres entstanden waren. Genauso wurden wir darin bestätigt, dass es an der Zeit war, Abschied von unserem Kapitel „Kappeln“ zu nehmen. Jedes schöne Kapitel in unserem Leben nimmt irgendwann Abschied. Ein neuer Abschnitt klopft bereits wieder an. Und ich hoffe, dass er ebenfalls genauso viel Schönes für uns bereithalten mag.