Anreise
Endlich war es so weit, unser Besuch im Bayerischen Wald stand an. Vor längerer Zeit hatte ich euch in meinem Podcast erzählt, dass ich bei meiner Recherche nach einem neuen Rollstuhl für den Outdoor-Bereich auf einen Film über einen Ranger im Nationalpark Bayerischer Wald gestoßen bin. Genau wie ich hat ein Gendefekt bei ihm dafür gesorgt, dass er für Aktivitäten im Outdoor-Bereich auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dieser Film machte mich so neugierig, dass ich mich über den Nationalpark Bayerischer Wald genauer informierte und schließlich Kontakt mit dem Ranger aus dem Film aufnahm. Wir vereinbarten, eine Woche im Herbst bei ihm zu verbringen, da er glücklicherweise eine Ferienwohnung anzubieten hatte.
Wie ich bei meiner Recherche auf das Tölzer Land kam, muss ich gestehen, weiß ich nicht mehr. Dort planten wir im Anschluss an den Aufenthalt im Bayerischen Wald eine weitere Woche, um die Bergwelt zu erkunden. Und da ich schon so schön in der Planung war, beschloss ich, auf der Hinfahrt in den Bayerischen Wald einen Zwischenstopp in der Oberpfalz einzulegen. Dort hatte ich ein Freilandmuseum entdeckt, das wir unbedingt noch besuchen wollten. So arbeiteten wir uns sozusagen Stück für Stück vor.
Jugendherberge Burg Trausnitz – Mittelalterlicher Charme und gemütlicher Zwischenstopp
Unsere Übernachtung planten wir in der Jugendherberge Burg Trausnitz. Die Jugendherberge weist durch die Zertifizierung von „Reisen für Alle“ darauf hin, dass sie nicht barrierefrei ist. Ich wusste durch den Austausch mit der Herberge, dass es kein barrierefreies Zimmer gibt, entschied mich aber dennoch dafür. Mein Wunsch, einmal auf einer Burg zu übernachten und das Freilandmuseum Oberpfalz zu besuchen, war einfach zu groß.
Als wir dort ankamen, wurden wir sofort vom mittelalterlichen Charme und der atemberaubenden Aussicht über das Pfreimdtal verzaubert!
Unser Zimmer war super gemütlich, mit kleinen Fenstern, roten Gardinen und rustikalen Balken – genau nach meinem Geschmack.
Ein 4 Bett Zimmer, nicht barrierefrei
Rustikal und gemütlich, nicht barrierefrei
Badezimmer,nicht barrierefrei
Der Speisesaal war passend zur Jahreszeit herbstlich dekoriert, und das Essen war nicht nur lecker, sondern auch schön angerichtet. Besonders loben möchte ich das freundliche Team, das uns herzlich empfangen hat.
Rückblickend betrachtet muss ich leider sagen, dass ich in Zukunft doch auf die Empfehlungen hören werde. Bei unserem Aufenthalt musste ich immer wieder Treppen steigen, und mit jeder Stufe spürte ich, dass das Treppensteigen und Gehen immer schwerer wurde. Durch meine Fußheberschwäche ist das Heben der Füße unglaublich anstrengend, und bei jeder Stufe spürte ich einen stechenden Schmerz in der Wade. Am Ende unseres Aufenthalts hatte ich enormen Muskelkater, der bei einer Muskeldystrophie dringend vermieden werden muss. Durch den Muskelkater entstehen Wunden im Muskel, und diese können aufgrund meiner Erkrankung nicht mehr vollständig repariert werden. Das führt zu einem noch schnelleren Abbau.
Freilandmuseum Oberpfalz
Nach einer ruhigen und guten Nacht auf der Burg war es so weit.
Das Freilandmuseum liegt in Neusath bei Nabburg, mitten in der Oberpfalz, und der Regen prasselte auf uns nieder.Im Eingangsbereich wurden wir von einer netten Dame begrüßt, und ich stellte erfreut fest, dass es dort auch Toiletten für Rollstuhlfahrer gab.
Da es an diesem Tag nur regnete, entschloss ich mich, mit dem Rollator durch das Museum zu gehen. Im Schnecken-Zieh-und-Schieb-Tempo erkundeten wir alles.
Unser erstes Dorf war das Stiftland.
Denkenbauernhof ca 1718- dargestellte Zeit 1865
Matzhof Wohnstallhaus von 1729, dargestellte Zeit 1950-1960
Fotografiert aus dem Fenster von Webergirgl
Das Haus Webergirl ,erbaut 1793, dargestellter Zustand 1825
Hirtenhaus, von der Dorfgemeinschaft für ihren Rinderhirten 1785 erbaut
Dieses Hirtenhaus hat eine besondere Geschichte.
Seit dem 16. Jahrhundert hatte das Dorf Poppenreuth zwei Hirten: Einer hütete die Rinder, der andere die Schafe. 1785 errichtete die Dorfgemeinschaft ein einfaches Haus als Unterkunft für den Rinderhirten.
Ab 1917 lebten Therese und Wenzel Brunner mit ihren Kindern in diesem Hirtenhaus.
Zu dieser Zeit hielten die Bauern ihre Rinder jedoch bereits das ganze Jahr über im Stall, sodass keine Hirten mehr benötigt wurden. Stattdessen arbeiteten die Brunners weiterhin für die Dorfgemeinschaft: Therese hütete die Gänse der Einwohner und half in deren Haushalten, während Wenzel sich als Gemeindearbeiter um Wege und Straßen kümmerte. Beide unterstützten die Bauern auch als Tagelöhner bei der Feldarbeit. Eine ihrer Töchter wohnte sogar bis 1979 in diesem historischen Gebäude.
Aufgeweckt und neugierig liefen sie zum Futter
Am Ende musste eine Pause sein
Von hier ging es weiter aufwärts zur Oberpfälzer Jura.
Rückblick
Dorfstraße
Inhaus ca 1788
Inwohner waren Menschen ohne Grundbesitz, die bei Bauern zur Untermiete wohnten und ihre Miete durch Geld oder Mithilfe bei der Landarbeit bezahlten. In Ostbayern lebten sie oft in engen Häusern, den sogenannten Inhäusern.
Das Auenzeller Inhaus diente bis 1855 als Unterkunft für Inwohner und wurde anschließend ein Kleinstbauernhof. Seine Bewohner führten ein hartes, sparsames Leben, oft ohne Erfolg, weshalb das Haus häufig den Besitzer wechselte.
In den 1950er-Jahren lebte die arme Familie Listl dort, die aus Geldnot eine Untermieterin aufnahm und selbst nur zwei Räume nutzen konnte. Einen Wasser- und Stromanschluss erhielt das Haus erst 1963.
Langerbauer auch Pelseinherlhof genannt, erbaut 1826,dargestellte Zeit 1955-1962
Weiter ging es abwärts ins Mühlental.
Fischerhütte
Rauberweiherhaus Adelslandsitz mit Mühlenanbau, erbaut von 1710 bis 1712
Karl Sigmund Graf von Aufseß übernahm 1733 das Rauberweiherhaus und nutzte es während der Jagd als Wohnsitz. Den Rest des Jahres lebte er in Neunburg vorm Wald, wo er als Landrichter tätig war.
Das Rauberweiherhaus war für ihn eine wichtige Einnahmequelle. Die Fischzucht, die Felder und Wälder sowie die angeschlossene Mühle brachten ihm Gewinne ein. Der Müller, der die Mühle betrieb, lebte dauerhaft im Erdgeschoss des Gebäudes.
Zum Landsitz gehörten außerdem acht kleine Häuser, in denen Karl Sigmunds Untertanen wohnten. Sie waren arm, mussten Abgaben leisten und fielen in den umliegenden Dörfern oft als Bettler auf. Streitigkeiten unter den Bewohnern waren an der Tagesordnung.
In Urspring gab es keine eigene Kirche, was den Dorfbewohnern das religiöse Leben erschwerte. Für Gottesdienste mussten sie sich auf den Weg ins benachbarte Gebenbach machen – ein mühsamer Marsch durch Wälder und über Anhöhen. Besonders ältere oder kranke Menschen schafften es oft nur zur Sonntagsmesse dorthin.
Um die tägliche Andacht zu erleichtern, setzten sich die Urspringer für einen eigenen Gebetsort im Dorf ein. 1869 wurde der Bau einer kleinen Kapelle endlich genehmigt, und bereits 1870 stand das schlichte Gebäude. Es wurde schnell zum Herzstück des religiösen Lebens.
Die Dorfbewohner versammelten sich hier regelmäßig zum Gebet, sei es zur Maiandacht oder zum Rosenkranz bei einem Sterbefall. Die Glocken der Kapelle läuteten morgens, mittags und abends – ein fester Bestandteil des Alltags. Besonders schön: Die Bewohner kümmerten sich gemeinsam um die Pflege und den Erhalt ihrer Kapelle. Ein echtes Gemeinschaftswerk!
Zu Mittag aßen wir im „Würth-Tafern“ – oder „Wirth“, wie es dort heißt. Ich fand es total urig! Die Stube war angenehm warm, dank eines alten Ofens, der den Raum beheizte. Einige Gäste wärmten und trockneten sich dort, während sie eine leckere Mahlzeit genossen.
Ich selbst bin ein großer Suppenfan. Für mich sind Suppen nicht nur praktisch, sondern auch unglaublich lecker. Ohne großen Aufwand und ohne Kauen kann ich so ganz entspannt Kalorien zu mir nehmen. Vielleicht klingt das für manche etwas langweilig, aber für mich ist es ein Genuss.
Da ich weiß, dass viele von Euch das Thema Essen interessiert, hat mein Mann sein Essen für Euch fotografiert.
Ich habe jedoch darauf verzichtet, meine Suppe und Weinschorle abzulichten – das wäre vielleicht nicht ganz so spannend. Ich zeige Euch lieber Bilder von der Natur. Solltet Ihr aber Interesse an Bildern von meinen Mahlzeiten haben, lasst es mich wissen! Ich nehme das gerne in zukünftige Beiträge auf.
Im Nachhinein muss ich leider sagen, dass es das letzte Museum war, das ich „zu Fuß“ erkundet habe. Meine Muskeln haben mir deutlich gesagt, dass diese Zeit vorbei ist. Mit meinem Elektrorollstuhl hätte ich das ganze Gelände ohne Probleme erkunden können. Ich möchte Euch aber bitten, den Wegweisern für Rollstuhlfahrer im Museum zu folgen.
Es ist immer sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich jede Region ist. Zum Beispiel wussten wir nicht, dass Fischteiche in der Oberpfalz eine so große Rolle gespielt haben. Trotz der Anstrengung war es ein unvergesslicher Tag voller Eindrücke, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Wald-Wipfel-Weg in Sankt Englmar – Ein Tag auf dem barrierefreien Weg
Nach einem leckeren Frühstück und mit Muskelkater fuhren wir weiter in den Bayerischen Wald und legten in Sankt Englmar einen spontanen Stopp ein, um den barrierefreien Wald-Wipfel-Weg zu erleben.
Eine neue Attraktion die noch in Planung ist
Der 370 Meter lange, barrierefreie Pfad, der bis zu 30 Meter über dem Waldboden verläuft, führt auf einer sicheren Konstruktion aus Holz und Stahl mitten durch die Baumkronen. Es war meine erste Fahrt in meinem neuen Elektrorollstuhl. Anfangs war es etwas mulmig, im Rollstuhl immer höher zu fahren – doch der Ausblick über die nebelverhangenen Wälder war magisch. Zeitgleich musste ich immer wieder auf die kleinen Kinderfüße achten. Ich hatte solche Angst, einem Kind darüberzufahren! Mit jedem Meter, den ich fuhr, wurde ich jedoch immer sicherer.
Unser luftiges Abenteuer, dazu barrierefrei begann
Der Ausblick nach unten
Der Wald-Wipfel-Weg bietet nicht nur schöne Natur, sondern auch spannende Stationen zu Tieren und Pflanzen sowie Kletter- und Balancierelemente. Ein Highlight für die Mutigen: die 250 Meter lange Riesenrutsche.
250 Meter lange Riesenrutsche
Kletter- und Balancierelement
Ausblickmöglichkeiten
Immer wieder gibt es Stationen zum Halten und schauen, was vor einem liegt
Höher und höher, dem Himmel entgegen
Am höchsten Punkt, 52 Meter über dem Boden, genossen wir eine beeindruckende 360°-Aussicht.
Ausblick
Danach entschieden wir uns gegen den Natur-Erlebnispfad, der am Boden entlangführt, da er für Rollstühle zu steil war und nicht entsprechend ausgewiesen ist. Stattdessen gönnten wir uns eine wohlverdiente Mittagspause mit dem ersten Glühwein der Saison – perfekt für die herbstliche Stimmung
Die Glühweinsaison ist eröffnet
Es war eine besonders schöne Atmosphäre, und ich wurde sogar ohne meinen Balance-Rollstuhl erkannt. Eine nette Dame sprach mich an, ob meine Fahrt gut funktioniert habe. Sie war mein erstes „Hindernis“, das ich im Vorfeld umfahren habe. Ganz am Anfang des Weges, an einer engen Stelle, hatte ich sie auf einer Bank pausieren gesehen. Ich bat sie, bitte sitzen zu bleiben, da ich sie so sicher umgehen konnte. Das war der Grund, warum sie sich nach meiner Fahrt erkundigte
Nächster Halt: Spiegelau!
Einige Stunden später trafen wir in Spiegelau ein. Wir wurden herzlich von unserem Ranger und dessen Frau begrüßt. Unsere Wohnung war richtig gemütlich, und unser Ausblick war traumhaft. Mein Elektrorollstuhl bekam in einer Garage einen eigenen Parkplatz.
Wir fühlten uns dort sehr wohl, und die Sonne begrüßte uns bei der Ankunft. Wir erkundeten am Abend, ehe es dunkel wurde, noch ein wenig das nähere Gelände und beschlossen, uns auf den nächsten Tag vorzubereiten – das hieß: nichts tun und ausruhen.
Ausblick vom Balkon
Hirsch